Natur, Siedlung und Hochwasserschutz...
Der Blick auf die Siegfriedkarte von 1885 beweist, dass das Gemeindegebiet damals nebst den beiden Dorfflüsschen von weiteren kleinen Bächen und Rinnsalen durchzogen war. Sie entwässerten die sanft geneigten Hänge und sind allesamt im 20. Jahrhundert im Boden verschwunden, eingedolt oder in Drainageröhren gezwängt. Damit wurde zwar etwas zusätzliches Landwirtschaftsland gewonnen, im Gegenzug aber die freie Flur öder und lebensfeindlicher, zumal auch die Hecken und Gehölzstreifen verschwanden, welche die Gewässer begleitet hatten.
Geblieben sind der Seebach in Landschlacht mit seinem Seitenbach, dem Tobelbach, der vom Wald her zur St. Leonhardskapelle fliesst, und der Dorfbach in Scherzingen. Beide werden durch die Moränenzüge gezwungen, eine längere Strecke parallel zum Seeufer zu fliessen, bevor sie hinunter zum See «dürfen». Es sind schmale Bäche mit unterschiedlicher Wasserführung. In ihrem Oberlauf sind auch sie zum Teil eingedolt und auf weite Strecken begradigt – und entsprechend öde anzusehen. Erst auf den letzten Metern vor der Mündung gewinnt ihr Bett an Charakter, denn jetzt darf das Wasser halbwegs natürlich fliessen: In einem in den Untergrund eingetieften Bett, begleitet von einem schmalen Gehölzstreifen, plätschert es über Wurzelschwellen und Steine und nagt kontinuierlich an seinen Ufern.
Der Landschlachter Seitenbach durchmisst ein kurzes, steilwandiges Tobel. Dort ist auch eine schöne Sandsteinschwelle zu finden, über die das Wasser ein paar Meter in die Tiefe fliesst. Sie gewährt einen bescheidenen Blick in tiefere Bodenschichten.
Seit etlichen Jahren bemüht sich die Gemeinde, partiell einzelne Gewässerabschnitte zu «renaturieren». So wurde zuerst der kleine Bach, der den Pfleger-Weiher entwässert, wieder ans Tageslicht geholt. Zurzeit werden die Oberläufe des Landschlachter Tobelbachs und des Scherzinger Dorfbachs «saniert». Ein neu ausgehobenes Hochwasserschutzbecken oberhalb der Bodanswart ist auf dem Weg zu einer kleinen Feuchtoase und weist bereits einige interessante Tier- und Pflanzenarten auf. Auch das kleine Feuchtgebiet hinter dem Scheibenwall am Waldrand ist eine kleine, bescheidene Naturinsel geworden, zum Beispiel von Amphibien und Libellen besiedelt.
Das jüngste neu gestaltete Stück ist der Abschnitt des Tobelbachs innerhalb der Wohnzone des Landschlachter «Chelhofs», dessen bisher enger Kanal geweitet wurde. Auf einigen Metern wurde eine Eindolung wieder aufgehoben.
Das von der Wasserführung her wichtigste Fliessgewässer ist der Stichbach, der oben auf dem Seerücken das Gemeindegebiet kurz streift. Rund einen Kilometer lang durchfliesst er in einem tiefen Tobel den Wald.
Mit der Realisation der beiden Rückhaltebecken Weiherwies und Näggenberg, sowie der geplanten Bachöffnung bei der Schule Scherzingen werden die wesentlichen Teile des Hochwasserschutzprojektes abgeschlossen. Dabei entstehen als Nebeneffekt zwei weitere Oasen für die Tier- und Pflanzenwelt. Sie bringen etwas Natur zurück ins Siedlungsgebiet.
(Quelle: Buch „Wir sind Münsterlingen - Geschichten und Leben einer Seegemeinde“)